Leipziger Buchmesse 2014
13. — 16. März 2014
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Urs Augstburgers «Plontal»

Schauplatz

«So sehen sie aus, die Alpen der Zukunft! dachte Silvan. Mit dem Rückzug aller alpinen Gletscher und dem Auftauen des Permafrosts entstanden überall diese sich ständig verändernden Landschaften. Geröllhalden, hässlich, faszinierend, unberechenbar. Würde dieser Graben in eine abgelegene Schlucht münden, bräuchten sie keinen Gedanken daran zu verschwenden, so aber würde sich eine Flut- und Schlammwelle bis ins Resort wälzen. (...).
‹Hierher!›
Primo lehnte sich weit über die Kante, beide Arme Severin entgegengestreckt, Silvan warf sich auf Primos Beine, um ihm Halt zu geben. Severin blickte noch einmal zu ihnen hin, dann den Graben hinauf, das Gesicht schneeweiß, er nahm einen letzten Anlauf, doch im Augenwinkel sah er schon die Felsbrocken, mannsgroß, Dutzende, dicht aneinander glitten sie auf ihn zu. Eine steinerne Lawine, dachte er noch, als sein Körper, starr vor Entsetzen, bereits von den Felsmassen erfasst wurde.»

Urs Augstburger: Wässerwasser (2009)
 

© KEYSTONE
Zu Roman und Autor

«Wässerwasser» ist der dritte Teil von Urs Augstburgers Walliser-Bergroman-Trilogie (zuvor sind «Schattwand», 2001 und «Graatzug», 2007, erschienen ). Es ist also das Finale einer breit angelegten Familiensaga – und was für eines! Sommer 2041 im Wallis: Die letzten Gletscherreste sind geschmolzen, die Seen liegen unter Glocken aus gelbem Dunst, die Hitze flirrt in den Städten. Das Horrorszenario einer globalen Klimakatastrophe hat sich mit tödlicher Wucht verwirklicht. Es gibt nur noch einige wenige Oasen, unter anderem das Luxusresort «Eden» im – fiktiven – Walliser Plontal. Dort bleiben die Temperaturen in der Regel unter der 37-Grad-Marke, während die Welt rundum verdorrt. Edens Schicksal hängt von alten, geheimen Wasserleitungen und einem ebenso geheimen unterirdischen See ab – doch das Resort wird von verschiedenen Seiten unter Druck gesetzt und ein Wettlauf gegen eine angedrohte Brandstiftung beginnt. In Rückblenden werden Vorgeschichten aufgerollt, so der grausige Tod Severins, der in einer Steinlawine in den Bergen oberhalb von Eden umkommt (Zitat). (BP)

 

Zum Ort

Das «Eden Resort» und das Plontal sind fiktiv, nicht präzise lokalisierbar. Walliser Elemente, die Augstburger an mehreren Stellen in seinen Roman eingebaut hat, sind hingegen die sogenannten Suonen oder französisch «bisses». Diese historischen Wasserleitungen bestehen aus offenen Gräben und Holzleitungen, die das kostbare Wasser von den Gebirgsbächen – teilweise auf abenteuerlichen Strecken – auf die trockenen Weiden und Äcker, in die Weinberge oder auf die Obstplantagen bringen. Wer die alten Wasserwege erwandern will, kann zum Beispiel in Nendaz starten, das das grösste noch aktive Netz besitzt. Ihm entlang führen 98 Kilometer Wanderwege, die kaum nennenswerten Steigungen und Abstiege aufweisen: Die Wasserleitungen wurden mehr oder weniger höhenparallel angelegt.