Leipziger Buchmesse 2014
13. — 16. März 2014
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Johann Wolfgang von Goethes Uri

Schauplatz

Der Schauplatz ist in den Gebirgen des Kanton Uri. Bergige Gegend, im Grund eine Hütte am Felsen, von dem ein Wasser herabstürzt; an den Seiten geht eine Wiese abhängig hinunter, deren Ende von Bäumen verdeckt ist. Vorne an der Seite ein steinerner Tisch mit Bänken.

BÄTELY (mit zwei Eimern Milch, die sie an einem Joche trägt, kommt von der Wiese).
«Singe, Vogel, singe
Blühe, Bäumchen, blühe!
Wir sind guter Dinge,
Sparen keine Mühe
Spat und früh.
Die Leinwand ist begossen, die Kühe sind gemolken, ich habe gefrühstückt, die Sonne ist über den Berg herauf, und noch liegt der Vater im Bette. Ich muss ihn wecken, dass ich jemand habe, mit dem ich schwatze.»
Johann Wolfgang von Goethe: Jery und Bätely. Singspiel in einem Aufzug (1779)

© KEYSTONE

Johann Wolfgang Goethe hat keinen «Tell» geschrieben, wie er es einmal vorgehabt hätte, dafür ein flottes Singspiel, lokalisiert in den Bergen von Uri. «Jery und Bätely», eine rührend-naive Liebesgeschichte, ist noch auf dem Rückweg nach Weimar, nach der zweiten Schweizerreise 1779, entstanden: «(...) ich schrieb das Gedicht sogleich und konnte es völlig fertig mit nach Deutschland nehmen. Die Gebirgsluft, die darinnen weht, empfinde ich noch, wenn mir die Gestalten auf den Bühnenbrettern zwischen Leinwand und Pappenfelsen entgegen treten», notierte der schweizerfahrene Dichter.
Jery wirbt heftig um Bätely, doch sie will ihn erst nicht: «Er gefällt mir sonst ganz wohl. Wenn sie nur nicht gleich heiraten wollten, und wenn man einmal freundlich mit ihnen ist, einem hernach den ganzen Tag auflägen.» Aber am Ende kriegen sie sich doch und jauchzen zu zweit:
«Liebe! Liebe!
Hast uns verbunden,
Laß, o laß die letzen Stunden
Selig wie die ersten sein!»
Die Uraufführung fand am 12. Juli 1780 auf der Bühne des Weimarer Hoftheaters statt, in der Regie Goethes. Das Stück traf den Nerv einer Zeit, die auf «Schweizer Sujets» sehr ansprach. Und so war der kleinen Urner Operette auch eine langjährige Erfolgsgeschichte innerhalb und ausserhalb Weimars beschieden. Später haben Max Bruch und Johannes Brahms einzelne Lieder aus «Jery und Bätely» vertont. (BP)

 

Zum Ort

Uri gehört zusammen mit Nidwalden und Schwyz zu den drei Urkantonen, auf die die Gründung der Eidgenossenschaft zurückgeht. Uri war schon immer ein Transitland – früher zogen Soldaten, Kaufleute und Pilger über den Gotthardpass, heute wälzt sich der Verkehr durch mehrere Tunnels. Unter dem Namen «Alp Transit», früher NEAT, wird auf Urner Boden gerade der längste Eisenbahntunnel der Welt gebaut (57 Kilometer). Touristisch fasziniert der Bergkanton mit dem Stier im Wappen durch seine Vielseitigkeit: Von den milden, südländischen Gestaden des Urnersees über die schmucken, oft unter Heimatschutz stehenden Dörfer der Täler bis hinauf zu Bergseen und Schneefeldern der majestätischen Dreitausender. Besonders bequem: Dutzende von Luftseibahnen bringen einen direkt auf Alpen und Sonnenterrassen. Unser Bild zeigt einen Alpabzug in der Nähe des Sustenpasses.