Leipziger Buchmesse 2014
13. — 16. März 2014
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Charles-Ferdinand Ramuz' Derborence

Schauplatz

«Der Berg ist gestürzt.» «Welcher Berg?» «Die Diablerets.» «Und wohin ist er gestürzt?» «Auf Derborence.» Da hat Therese gesagt: «Und die Männer?» (...) «Und Anton, wo ist er?» Sie schreit: «Anton! Anton! Mein Mann! Mein lieber Mann!»

Charles-Ferdinand Ramuz: Derborence (1934, französischer Originaltitel: Derborence)

© Schweiz Tourismus

In Charles-Ferdinand Ramuz’ Erzählung reisst eine Naturkatastrophe ein frisch vermähltes Paar gewaltsam auseinander. Ohne Vorwarnung stürzt eine immense Felsmasse über Derborence und begräbt erbarmungslos Weiden, Tiere, Hütten und Menschen unter sich. Darunter den jungen Anton und den Onkel seiner Ehefrau, Seraphin. Gross ist der Schmerz der Hinterbliebenen, denn unter diesen Umständen musste auch die letzte Ölung der Opfer ausbleiben. Im Dorf wird verängstigt gemunkelt, dass die unruhigen Toten nun als Gespenster weiter durch Derborence geistern... Ramuz’ Roman beruht auf einer wahren Begebenheit: In den Jahren 1714 und 1749 kam es im Wallis an besagter Stelle zu verheerenden Bergstürzen. Auf tragische Weise liessen diese einen wunderschönen See entstehen: den Lac de Derborence (1499 m ü. M.). Die Landschaft mit dem jüngsten natürlichen Bergsee der Schweiz, umgeben von einem Föhren-Urwald, verbindet Tragik und Schönheit zugleich: «Lieblich klingt der Name Derborence; sanft und traurig singt einem das Wort durch den Kopf.» Mit «Derborence» schuf der Waadtländer Schriftsteller Charles-Ferdinand Ramuz (1878-1947) ein Werk, das die Naturkatastrophe von 1714 auf eindrückliche Weise schildert und Einzelschicksale auf einfühlsame Art beschreibt. Der vornehmlich in Lausanne und Paris wohnhafte Schriftsteller, Lyriker, Essayist und Nationaldichter ist einer der bedeutendsten Vertreter der Schweizer Literatur in französischer Sprache. Zu seinen bekanntesten Werken gehören neben «Derborence» die Romane «Adam und Eva», «Farinet», und – in Zusammenarbeit mit Strawinsky – «Die Geschichte vom Soldaten». (MT)

Zum Ort

Bei einem immensen Bergsturz im 18. Jahrhundert entstand der See von Derborence unweit von Sion. Das gleichnamige Tal steht unter Naturschutz und ist von wilder Schönheit, die Geologen, Botaniker und Naturliebhaber gleichermassen fasziniert. In den Jahren 1714 und 1749 lösten sich von den Diablerets zwei grosse Felsstürze. Damals hiessen diese Berge Rochers oder Scex de Champ – die Bergstürze hielt man für ein Werk des Bösen und benannte die Berge in Diablerets, Teufelsberge, um. Die 100 Meter hohen Trümmermassen stauten einen See, der lange als verflucht galt, so dass sich die Natur ungehindert ausbreiten konnte.